Ansprache von Bundesaußenminister Guido Westerwelle

beim informellen Treffen der Außenminister der NATO im ISAF-Format zu Afghanistan

  • 14 Apr. 2011 - 15 Apr. 2011
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  • Last updated: 14 Apr. 2011 19:11

Sehr geehrter Herr Generalsekretär,
Exzellenzen,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Dass sich so viele Staaten am ISAF-Einsatz in Afghanistan beteiligen und dass ihre Zahl noch
wächst, unterstreicht die Bedeutung eines friedlichen und stabilen Afghanistans für Frieden und
Sicherheit in der Region und in der Welt.

Unser gemeinsamer Einsatz in Afghanistan tritt 2011 in eine neue Phase ein. Jetzt beginnt die
Übergabe der Verantwortung. Wir sind im Zeitplan. Ab Juli wird Afghanistan wie vorgesehen die
Sicherheitsverantwortung schrittweise übernehmen. Wir müssen die Zeit bis dahin nutzen, um die
afghanischen Sicherheitskräfte optimal auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten.

Gerade in diesem kritischen Jahr werden wir auch Rückschläge erleben. Der gewaltsame Übergriff
auf das Büro der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan, UNAMA, in
Masar-e Sharif am 1. April hat uns dies schmerzlich vor Augen geführt.

Ich möchte an dieser Stelle dem Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs, Staffan de Mistura,
erneut meine tief empfundene Anteilnahme aussprechen. Die Vereinten Nationen, das sind wir alle.
Ihr Verlust ist unser Verlust.

In den kommenden Jahren werden die afghanischen Sicherheitskräfte mehr und mehr
Verantwortung übernehmen. Bis Ende 2014 soll die Sicherheitsverantwortung vollständig in
afghanischen Händen liegen. Dieses Ziel hat Präsident Karzai zu Beginn seiner zweiten Amtszeit
eindeutig formuliert. Ausdrücklich unterstützen wir die afghanische Regierung dabei, dass sie ihr
Ziel erreicht.

Nach Ende der Transition soll es keine internationalen Kampftruppen mehr in Afghanistan geben.
Unsere Verantwortung ist mit der Heimkehr unserer Soldaten aber nicht beendet.

Deshalb arbeiten wir heute in Berlin weiter an der Ausgestaltung der langfristigen Partnerschaft
zwischen Afghanistan und der NATO, die beim NATO-Gipfel von Lissabon vereinbart wurde.
Schwerpunkt wird die weitergehende Professionalisierung der Sicherheitskräfte sein. Es geht um
konkrete polizeiliche und militärische Ausbildung in Afghanistan. Auch nach 2014 wird
Afghanistan mit der NATO einen verlässlichen und starken Partner haben.

Allein militärisch ist der Konflikt in Afghanistan nicht zu lösen. Anfang Dezember werden wir
deswegen in Bonn unter afghanischer Leitung daran arbeiten, den politischen Prozess
voranzubringen. Auch die regionale Dimension wird eine entscheidende Rolle spielen. Wir werden
klären, wie das langfristige zivile Engagement der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan
aussehen soll.

Sie alle sind hier in Berlin herzlich willkommen. Ich hoffe, dass wir zu guten Gesprächen und guten
Ergebnissen kommen werden.