Im Westen haben viele die jüngste Nahrungsmittelkrise als verstörendes, aber weit entferntes Problem wahrgenommen. Es hat unsere gemütlichen Grenzen scheinbar nicht überschritten – abgesehen von einigen kritischen Blicken, wenn wir beim Einkaufen die hohen Beträge sehen, die wir wöchentlich für unsere Ernährung ausgeben. Doch diese halbe Selbstzufriedenheit ist aus drei Gründen unangebracht.
Erstens: die älteren Generationen werden sich noch daran erinnern, dass es in den westlichen Staaten bereits zu ihren Lebzeiten Lebensmittelengpässe gegeben hat. In der Wirtschaftskrise der 30er Jahre in den USA waren Barackenstädte, die nach dem damaligen Präsidenten Herbert Hoover als „Hoovervilles“ bezeichnet wurden, in amerikanischen Großstädten von New York bis Seattle zu finden. Darin wohnten verarmte Menschen ohne Geld und kaum Nahrung. Der nächste Präsident, der sich auf diese Probleme stürzte, war sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass Ernährungsengpässe ein Sicherheitsrisiko darstellen. „Hungrige, arbeitslose Menschen sind das Fundament einer Diktatur“, sagte Franklin D. Roosevelt.
Zweitens: obwohl es keine Hoovervilles in den heutigen westlichen Staaten gibt, verzeichnet die arme Stadtbevölkerung ein schnelles Wachstum. Dies sind die Menschen, die am schwersten von den steigenden Lebensmittelpreisen getroffen werden – der so genannte „unsichtbare Hunger“. Diese Menschen sehen die Lebensmittel in den Ladenregalen – und sehen, dass sie sich diese Preise nicht leisten können. Und diese vielleicht gar mehrere hunderte Millionen Menschen werden wahrscheinlich früher oder später reagieren.
Drittens und letztens: Es gibt eine indirektere Bedrohung. Nehmen wir als Beispiel Afghanistan. Es ist eines der ärmsten Länder der Welt und hat bereits vor sechs Monaten zusätzliche Lebensmittelhilfe beantragt. Und in Afghanistan agieren Aufständische, die es sehr gut verstehen, die auf den Lebensmittelengpässen beruhende Unzufriedenheit zum eigenen Vorteil zu nutzen. Quellen in Afghanistan haben bereits die Gefahr betont, dass mittellose junge Männer sich radikalen Lösungen hinwenden. Dies hätte auch Auswirkungen auf den Westen – kurzfristig auf unsere Soldaten, mittel- und langfristig auf unsere Sicherheit.
Hunger ist nicht nur eine humanitäre Frage, die unser Mitleid verdient. Er ist auch ein Sicherheitsproblem, das uns zum Handeln auffordert.