Brssel,
12. April 1999

Vorlufige nichtamtliche bersetzung

Die Lage in und um Kosovo

Erklrung anllich des auerordentlichen Treffens des Nordatlantikrats auf Ministerebene am 12. April 1999 im NATO-Hauptquartier in Brssel

  1. Die Krise im Kosovo stellt eine grundlegende Herausforderung der Werte der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit dar, fr die die NATO seit ihrer Grndung eintritt. Wir stehen geeint in unserer Entschlossenheit, dieser Herausforde-rung erfolgreich zu begegnen.

  2. Die Bundesrepublik Jugoslawien hat wiederholt Resolutionen des Si-cherheitsrats der Vereinten Nationen verletzt. Der hemmungslose Angriff durch jugoslawische Streitkrfte, die Polizei und paramilitrsche Krfte unter der Leitung von Prsident Milo-sevic auf Zivilpersonen im Kosovo hat zu einer gewaltigen humanitren Katastrophe ge-fhrt, die auch die angrenzende Region zu destabilisieren droht. Mehrere hunderttausend Menschen wurden rcksichtslos durch die Behrden der Bundesrepublik Jugoslawien aus dem Kosovo vertrieben. Wir verurteilen diese erschreckenden Verletzungen der Menschen-rechte und die blinde Gewaltanwendung durch die jugoslawische Regierung. Diese extreme und verbrecherische, unverantwortliche Vorgehensweise, die durch nichts zu ver-treten ist, hat die Militraktion durch die NATO notwendig gemacht und rechtfertigt sie.

  3. Die Militraktion der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien unter-sttzt die politischen Ziele der internationalen Gemeinschaft: ein friedliches, multi-ethni-sches und demokratisches Kosovo, in dem alle seine Bewohner in Sicherheit leben und die weltweit geltenden Menschenrechte und Freiheiten gleichermaen genieen knnen. In diesem Zusammenhang begren wir die Erklrung des Generalsekretrs der Vereinten Nationen vom 9. April und die Schlufolgerungen des EU-Rats vom 8. April.

  4. Die Luftschlge der NATO werden fortgefhrt, bis Prsident Milo-sevic den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachkommt. Prsident Milosevic wei, was er zu tun hat. Er mu:

    • eine verifizierbare Beendigung aller Militraktionen und das sofortige Ende von Gewalt und Unterdrckung sicherstellen;
    • den Abzug der militrischen, polizeilichen und paramilitrischen Krfte aus dem Kosovo gewhrleisten;
    • der Stationierung einer internationalen Militrprsenz im Kosovo zustimmen;
    • der vorbehaltlosen und sicheren Rckkehr aller Flchtlinge und Vertriebenen sowie dem ungehinderten Zugang humanitrer Hilfsorganisationen zu diesen Menschen zustim-men;
    • glaubhafte Garantien fr seine Bereitschaft bieten, auf der Grundlage der Abkom-men von Rambouillet an der Erstellung einer politischen Rahmenvereinbarung fr Kosovo hinzuarbeiten, in bereinstimmung mit dem Vlkerrecht und der Charta der Vereinten Na-tionen.

  5. Die Verantwortung fr die gegenwrtige Krise trgt Prsident Milosevic. Es liegt in seiner Macht, die Militraktion der NATO zu beenden, indem er die legitimen Forderungen der internationalen Gemeinschaft unwiderruflich erfllt.

  6. Wir unterstreichen, da die NATO keinen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien fhrt. Wir haben keinen Streit mit den Menschen der Bundesrepublik Jugo-slawiens, die schon zu lange aufgrund der Politik ihrer Regierung in Europa isoliert sind.

  7. Wir sind fr die tatkrftige Untersttzung durch unsere Partnerstaaten in der Region und darber hinaus der internationalen Gemeinschaft zur Bewltigung der Krise dankbar.

  8. Die Allianz hat mit Ruland ein gemeinsames Interesse an einer politischen Lsung der Krise im Kosovo und will im Geiste der Grundakte mit Ruland konstruktiv auf dieses Ziel hinarbeiten.

  9. Infolge der fortgesetzten Politik der ethnischen Suberung durch Prsident Milosevic suchen mehrere hunderttausend Menschen Zuflucht in Nachbarlndern, beson-ders in Albanien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien* . Andere blei-ben im Kosovo, notleidend und unerreichbar fr internationale Hilfe. Diese Menschen im Kosovo kmpfen ums berleben - erschpft, hungrig und verzweifelt. Wir werden Prsi-dent Milosevic und die Fhrung in Belgrad fr das Wohl aller Zivilisten im Kosovo ver-antwortlich machen.

  10. Die NATO und ihre Mitglieder haben unverzglich auf diesen Notstand reagiert. Wir haben mit unseren Partnern das Euro-atlantische Koordinierungszentrum fr Katastrophenhilfe aktiviert. NATO-Krfte in der ehemaligen jugoslawischen Republik Ma-zedonien haben Notunterknfte fr Flchtlinge errichtet und diese Menschen versorgt. NATO-Truppen werden auch nach Albanien verlegt, um die humanitren Anstrengungen dort zu untersttzen und den albanischen Behrden bei der Schaffung eines sicheren Um-felds fr diese Menschen zu helfen. Wir werden unsere humanitren Hilfsoperationen fr Flchtlinge im Zusammenwirken mit dem Flchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), bei der die Hauptzustndigkeit auf diesem Gebiet liegt, fortsetzen und weiter intensivieren. Die von der NATO gefhrten Lufttransportoperationen zur humanitren Hilfe der Flchtlinge, sowohl fr Albanien als auch die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, sind bereits angelaufen und werden weiter erhht. Die von der NATO einge-leiteten Schritte und die Anstrengungen anderer internationaler Organisationen und Stellen, einschlielich der Europischen Union, ergnzen und untersttzen sich gegenseitig.

  11. Wir wrdigen die Leistung der Mnner und Frauen der NATO-Streitkrfte, deren Einsatz und Professionalitt den Erfolg der militrischen und humanitren Operatio-nen des Bndnisses sicherstellen.

  12. Die Greueltaten der Streitkrfte, der Polizei und paramilitrischen Krfte der Bundesrepublik Jugoslawien an den Menschen im Kosovo verletzen das Vlkerrecht. Jene, die fr die systematische Kampagne der Gewalt und Zerstrung gegenber unschuldigen Zivilisten im Kosovo und die gewaltsame Deportation mehrerer hunderttausend Flcht-linge verantwortlich sind, werden fr ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen. Die mit Haftbefehl Gesuchten mssen in bereinstimmung mit dem Vlkerrecht und den ein-schlgigen VN-Sicherheitsratsresolutionen vor den Internationalen Strafgerichtshof fr das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag gestellt werden. Die Bndnispartner bekrfti-gen, da es ohne Gerechtigkeit keinen dauerhaften Frieden geben kann.

  13. Die NATO hat wiederholt erklrt, da die Bedrohung der territorialen Inte-gritt, politischen Unabhngigkeit und Sicherheit Albaniens und der ehemaligen jugoslawi-schen Republik Mazedoniens durch die Bundesrepublik Jugoslawien unannehmbar sein wrde. Wir haben mit beiden Lndern enge Konsultationen auf hoher Ebene ber ihre spe-ziellen Besorgnisse gefhrt. Wir werden auf jede Beeintrchtigung der Sicherheit Albani-ens und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedoniens reagieren, die durch die Bundesrepublik Jugoslawien aufgrund der Prsenz von NATO-Krften und deren Aktivit-ten auf dem Territorium dieser Lnder erfolgen sollte.

  14. Wir sind besorgt ber die Lage in der Republik Montenegro. Wir bekrfti-gen unsere Untersttzung der demokratisch gewhlten Regierung von Prsident Milo Djukanovic, die mehrere zehntausend Vertriebene aus dem Kosovo aufgenommen hat. Prsident Milosevic sollte keinen Zweifel daran hegen, da jedes Vorgehen gegen Prsi-dent Djukanovic und seine Regierung schwerwiegende Folgen haben wird.

  15. Die Kosovo-Krise unterstreicht die Notwendigkeit eines umfassenden An-satzes zur Stabilisierung der Krisenregion in Sdosteuropa und der Integration der Lnder dieser Region in die euro-atlantische Gemeinschaft. Wir begren die EU-Initiative eines Stabilittspakts fr Sdosteuropa unter der Schirmherrschaft der OSZE sowie weitere re-gionale Anstrengungen, einschlielich der sdosteuropischen Kooperationsinitiative. Wir wollen den Sicherheitsdialog zwischen der NATO und den Lndern der Region zur Gestal-tung einer dynamischen Partnerschaft strken und haben dem Stndigen Rat Weisung er-teilt, dazu Manahmen zu entwickeln. Wir verleihen der Hoffnung Ausdruck, da die Be-vlkerung Serbiens eines Tages normale Beziehungen zu allen Vlkern des Balkans wie-derherstellen kann. Wir wollen, da alle Lnder Sdosteuropas in Frieden und Sicherheit leben knnen.


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