Kommuniqu

8. Dezember 1998

Anpassung des Vertrags ber konventionelle Streitkrfte in Europa (KSE)

Zurckhaltung und Flexibilitt

Der Nordatlantikrat und die Vertreter der Tschechischen Republik, der Republik Polen und der Republik Ungarn gaben im Namen der 19 vertretenen Regierungen folgende Erklrung ab:

  1. Der KSE-Vertrag wird auch knftig ein Eckpfeiler der Sicherheit Europas sein. Die Ver-tragsstaaten haben die historische Chance und Verantwortung, dieses rechtsverbind-liche Dokument an die neue Sicherheitslage anzupassen und die langfristige Wirksamkeit des Vertrags sicherzustellen.

  2. Wir, der Nordatlantikrat, die Tschechische Republik, Polen und Ungarn setzen uns dafr ein, rasche und ausgewogene Fortschritte im Hinblick auf alle noch offenstehenden Anpas-sungsfragen zu erzielen. Unser Ziel ist die Unterzeichnung eines angepaten Vertrags durch die Staats- und Regierungschefs auf dem nchsten OSZE-Gipfel 1999. Wir rufen alle anderen Vertragsstaaten auf, sich aktiv an der Verwirklichung dieses Zieles zu beteili-gen.

  3. Im Einklang mit diesem Ziel bekrftigen wir, da wir uns verpflichten, nur diejenigen mili-trischen Fhigkeiten aufrechtzuerhalten, die mit unseren legitimen Sicherheitsanforderungen vereinbar sind, wobei wir unseren vlkerrechtlichen Verpflichtungen Rechnung tragen. Wir haben nicht die Absicht, die Verhandlungen ber die Anpassung zur Sicherung eng begrenzter politischer oder militrischer Vorteile zu nutzen. Die Anpassung des KSE-Vertrags soll die Sicherheit aller europischer Staaten erhhen, gleich, ob sie einem politisch-militrischen Bndnis angehren oder nicht.

  4. In Wien haben wir ein breites Spektrum detaillierter Vorschlge zu allen Aspekten der Anpassung vorgelegt. Diese zielen darauf ab, auch weiterhin Berechenbarkeit und Trans-parenz sowie ein erhhtes Ma an Stabilitt im militrischen Umfeld in Europa und eine weitere Absenkung der Bestnde von Vertragsparteien an durch den Vertrag begrenzten Ausrstungen im Ein-klang mit den Erfordernissen der Konfliktverhtung und der Krisenbewltigung sicherzu-stellen.

  5. Im Rahmen eines in geeigneter Weise angepaten und rechtsverbindlichen KSE-Vertrags, dessen Bestimmungen unseren Sicherheitsanforderungen, einschlielich unserer Flexibili-ttserfordernisse, Rechnung tragen, werden wir auch knftig Zurckhaltung in bezug auf die Bestnde und Dislozierung unserer konventionellen Streitkrfte in allen Teilen des Anwendungsgebiets des Vertrags ben. Im folgenden wird dargelegt, wie wir die vorge-schlagenen Mechanismen eines angepaten Vertrags nutzen wrden:

  • Unser militrischer Dispositiv wrde unsere gemeinsame Entschlossenheit zum Aus-druck bringen, im gegenwrtigen und vorhersehbaren Sicherheitsumfeld unsere Aufga-ben der kollektiven Verteidigung sowie andere Aufgaben nicht durch zustzliche dauerhafte Stationierung substantieller boden- und luftgesttzter Kampftruppen, sondern vielmehr dadurch wahrzunehmen, da wir die ntige Interoperabilitt, Inte-gration und Verstrkungsfhigkeit gewhrleisten.

  • Es wrde erhebliche Reduzierungen der zugelassenen Obergrenzen fr durch den Ver-trag begrenzte Ausrstungen fr viele von uns geben.

  • Im Einklang mit unseren frheren Vorschlgen und im Zusammenhang mit vergleich-barer Zurckhaltung anderer in der Region wrden viele von uns in und um Mittel-europa ihre territorialen Obergrenzen - die Gesamtbestnde an Panzern, Artillerie und gepanzerten Kampffahrzeugen, die stndig in unseren Hoheitsgebieten stationiert werden drfen - nicht erhhen.

  • Darber hinaus wrde jede vorbergehende Anwesenheit durch den Vertrag begrenzter Ausrstungen in unseren Hoheitsgebieten unmittelbar den einschlgigen rechtsver-bindlichen Bestimmungen des angepaten Vertrags unterliegen.

  • Wir und alle unsere Vertragspartner wrden umfassende und beispiellose Transparenz und Berechenbarkeit in unseren militrischen Aktivitten herstellen.

  • Wir wrden im Hinblick auf Krisenbewltigung und Konfliktverhtung weiterhin Gelegenheiten fr kooperative Bemhungen nutzen, und zwar nicht nur untereinan-der, sondern auch mit unseren Partnern.

  • Wir erwarten von allen anderen KSE-Vertragsstaaten, da sie vergleichbare Zurck-haltung ben und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit dieses neue Konzept der kooperativen Sicherheit in Europa strken, whrend wir unsere Arbeit an der kom-plexen Aufgabe der Anpassung des KSE-Vertrags an die neuen Sicherheitsherausfor-derungen fortsetzen.

Zu den Obergrenzen und Bestnden

  1. Ein wichtiges Ziel der Anpassung des KSE-Vertrags sollte eine erhebliche Reduzierung des gesamten im Anwendungsgebiet des Vertrags zugelassenen Bestands an durch den Vertrag begrenzten Ausrstungen (Treaty Limited Equipment - TLE) sein. Die Vertrags-staaten haben bereits vereinbart, die Blockstruktur des ursprnglichen Vertrags durch ein neues System von auf nationalen Obergrenzen (National Ceilings - NCs) und territorialen Ober-grenzen (Territorial Ceilings - TCs) basierenden Begrenzungen zu ersetzen. Dieses System wird strikter sein als die gegenwrtigen Begrenzungsstrukturen, die der Vertrag fr die Anzahl der Ausrstungen, die in groen geographischen Zonen stationiert werden drfen, vorsieht.

  2. Viele von uns haben bereits in Wien ihre Absicht bekundet, striktere Begrenzungen fr nationale Ausrstungen, die sie besitzen drfen, zu akzeptieren, als sie der gegenwrtige Vertrag vorsieht. Dies war ein frhes Signal fr den Geist der Zurckhaltung, in dem wir den Anpassungsproze angehen wollen. Einige Bndnispartner sind bereit, im Rahmen eines zufriedenstellenden Vertragspakets Mglichkeiten fr weitere Reduzierungen zu pr-fen.

  3. Das System der territorialen Obergrenzen selbst gewhrleistet strikte Begrenzungen bei Dislozierungen, die ber nationale Grenzen hinweg stattfinden. Unsere Vorschlge ver-deutlichen, da wir die Anpassung von territorialen Obergrenzen als ein Verfahren anse-hen, langfristige Vernderungen der Sicherheitsanforderungen zu bercksichtigen, und nicht als ein Mittel zur Erreichung taktischer Flexibilitt. Im Einklang mit dieser Vorgehens-weise haben wir vorgeschlagen, da alle Anpassungen territorialer Obergrenzen, bei denen eine festgelegte Hchstgrenze fr Ausrstungen berschritten wird, von den Vertragspar-teien im Konsens zu vereinbaren sind. Wir bekrftigen die von uns vorgeschlagenen "spezifischen Stabilisierungsmanahmen", die unter anderem bestimmte Vertragsparteien verpflichten wrden, ihre territorialen Obergrenzen nicht ber die gegenwrtigen nationa-len Anteilshchstgrenzen hinaus zu erhhen und sie nicht nach oben zu revidieren. In die-sem Zusammenhang sind einige andere Staaten mglicherweise bereit, im Rahmen eines zufriedenstellenden Vertragspakets auf die flexible Anpassung der Obergrenzen zu ver-zichten, was zu einem festgelegten Zeitpunkt zu berprfen wre.

    Stationierung

  4. Am 14. Mrz 1997 erklrte der Nordatlantikrat, da das Bndnis "im gegenwrtigen und vorherseh-baren Sicherheitsumfeld seine kollektive Verteidigung und andere Aufga-ben eher dadurch wahrnimmt, da es die erforderliche Interoperabilitt, Integra-tion und Fhigkeit zur Verstrkung gewhrleistet als da es zustzliche substantielle Kampftruppen dauerhaft stationiert." Die Regierungen der 16 Mitglieder des Bndnisses bekrftigen diese Erklrung, und die Regierungen der Tschechischen Republik, der Republik Polen und der Republik Ungarn schlieen sich ihr uneingeschrnkt an.

  5. Diese Erklrung deckt boden- und luftgesttzte Kampftruppen ab. Sie bezieht sich nicht auf Hauptquartiere oder andere Aktivitten militrischer Untersttzung, die erforderlich sind, um unseren militrischen Anforderungen fr Verstrkung, Interoperabilitt oder Integra-tion gerecht zu werden. Wir werden weiteren Aufschlu ber unsere Absichten bezglich aller knftigen Stationierungen durch erhhte Transparenz im Hinblick auf unsere Vertei-digungsplne und -programme geben.

    Vertragsmechanismen

  6. Angesichts der Langfristigkeit des Vertrags, der grundlegenden Beschrnkungsfunktion des Systems der nationalen und territorialen Obergrenzen, der Existenz von Unwgbarkei-ten in bezug auf die Sicherheitslage und der Schwierigkeit, Voraussagen ber die Zukunft zu treffen, ist es wichtig, da die Vertragsstaaten im Rahmen des angepaten Vertrags Krisen bewltigen knnen. Das vorgeschlagene System der Vorbergehenden Verlegungen" ber territoriale Obergrenzen (TC) hinaus ist darauf ausgerichtet, dieser Anforderung gerecht zu werden. In Erfllung unserer Verpflichtung zur Zurckhaltung werden wir die in einem angepaten Vertrag festgelegten Bestimmungen ber die Vorbergehende Verlegung nur in einer Weise nutzen, die mit der Strkung der Gesamtstabilitt und der regionalen Stabilitt in Europa vereinbar ist. Jede derartige Dislozierung zu Krisenbewlti-gungszwecken sollte einen Stabilisierungseffekt haben. Dabei werden ihre Gre, Struktur und Zusammensetzung unmittelbar aufgabengerecht auf die Krisensituation abgestimmt sein. Whrend wir uns nach dem angepaten Vertrag das Recht vorbehalten, die Flexibilittsmechanismen, wie z.B. territoriale Obergrenzen berschreitende Auergewhnliche Vorbergehende Verlegungen" (Exceptional Temporary Deployment - ETD) und Spielraum unterhalb dieser Obergrenzen umfassend zu nutzen, um knftige Krisensituationen zu meistern, erwarten wir im gegenwrtigen und vorhersehbaren Sicherheitsumfeld keine Umstnde, die Dislozierungen auf dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats erforderlich machen, bei der die Hchstgrenzen fr durch den Vertrag begrenzte Ausrstungen berschritten werden, die wir fr die Auergewhnlichen Vor-bergehenden Verlegungen (ETD) vorgeschlagen haben.

Zudem werden wir anstreben, jeden potentiell bedrohlich umfangreicheren oder zeitgleichen Aufwuchs konventioneller Streitkrfte zu vermeiden. Wir erwarten von anderen Ver-tragsstaaten hnliche Zurckhaltung. Zu diesem Zweck erklren wir folgendes:

  • Es ist jetzt und auch in Zukunft nicht unsere Politik, Bestimmungen ber die Vorber-gehenden Verlegungen zum Zweck der stndigen Stationierung von Kampftruppen zu nutzen.

  • Unbeschadet des nationalen Rechts, Spielrume unterhalb der territorialen Obergrenzen zu nutzen, werden wir Zurckhaltung im Hinblick auf die Grenordnung fr vorbergehend dislozierte Ausr-stungen ben. Wir verpflichten uns, wo dies mglich ist, jeden Spielraum voll zu nutzen, bevor wir das vertragliche Recht nutzen, durch Vorbergehende Verlegungen die territorialen Obergrenzen zu berschreiten. Dadurch wird die tatschliche Anzahl an Ausrstungen, die vorbergehend die territorialen Obergenzen berschreiten, auf ein Minimum beschrnkt bleiben.

  • Ebenso werden wir die Bestimmungen ber Auergewhnliche Vorbergehende Verlegungen (ETD) nach dem angepaten Vertrag nicht routinemig nutzen. Im derzeitigen und bereits vorhersehbaren Sicher-heitsumfeld rechnen wir nicht mit Umstnden, die ein hufiges Zurckgreifen auf ETD erforderlich machen. Auch betrachten wir das Konzept einer solchen Dislozierung nicht als gegen ein spezielles Land gerichtet.

  • Da ein solches Ereignis ungewhnlich wre, wrde es von geeigneten politischen Manahmen im Rahmen der OSZE begleitet, durch die erlutert wrde, aufgrund welcher auerordentlichen Umstnde auf ETD zurckgegriffen wurde. Wir haben vorgeschlagen, da der angepate Vertrag deutlich verbesserte Mglichkeiten fr Transparenz und Verifikation im Zusammenhang mit einer jeden derartigen Dislozie-rung enthalten sollte.

  • Wir werden dafr Sorge tragen, da unser Gebrauch von Flexibilittsmechanismen nach dem Vertrag nicht dazu fhrt, da durch den Vertrag begrenzte Ausrstungen eine territoriale Obergrenze strker berschreiten, als bei einer ETD zulssig wre.

  1. Eine erhhte Transparenz wird als Grundlage fr unsere Vorgehensweise bezglich der obengenannten Punkte unerllich sein und sollte bessere Mglichkeiten bieten, die Ein-haltung zu berwachen, um der heute in Europa herrschenden Atmosphre der Offenheit gerecht zu werden. In Wien ergreifen wir hnliche Manahmen zur Herbeifhrung einer greren Transparenz im Hinblick auf eine neue oder entscheidend verbesserte militrische Infrastruktur und insgesamt im Hinblick auf Aktivitten und Entwicklungen von militri-scher Bedeutung.


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