NATO
Kommuniqué
Luxemburg
29. Mai 1998
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Nichtamtliche Übersetzung
Presseerklärung durch den Vorsitzenden
anläßlich des einjährigen Bestehens des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats (EAPR)
Wir begehen heute den ersten Jahrestag des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats (EAPR), der auf dem Ministertreffen in Sintra/Portugal gegründet wurde. Der EAPR, dem 44 Nationen angehören, ist ein multilaterales Forum zur Konsultation und Kooperation zwischen den NATO-Mitgliedern und Partnern, um die Sicherheit im euro-atlantischen Raum zum Nutzen aller Staaten weiter zu festigen. In ihrem in Sintra gebilligten Grundlagendokument des EAPR verliehen die Minister ihrer Entschlossenheit Ausdruck, die politische und militärische Zusammenarbeit durch den EAPR auf eine qualitativ höhere Stufe zu heben. Nach nur einem Jahr erfüllt der EAPR bereits seine Zweckbestimmung als Rahmen für eine erweiterte politische Dimension der Partnerschaft und breitere praktische Zusammenarbeit durch die substantielle Stärkung der Partnerschaft für den Frieden. Dies wird durch die Tatsache symbolisiert, daß fast alle Partner inzwischen diplomatische Missionen bei der NATO eingerichtet haben.
Die Minister traten heute in einen Meinungsaustausch zur Vertrauensbildung und Konfliktverhinderung im euro-atlantischen Raum ein. Der Hohe Vertreter, Botschafter Westendorp, unterrichtete über die Lage in Bosnien und Herzegowina.
Die Minister verurteilten die Atomversuche durch Indien und Pakistan und brachten ihre tiefe Besorgnis sowie ihre Bestürzung angesichts dieser Versuche zum Ausdruck, die die Spannungen und die Wahrscheinlichkeit eines kostspieligen und gefährlichen Rüstungswettlaufs in Südasien erhöhen werden. Die Minister richteten den dringenden Appell an Indien und Pakistan, keine weiteren Versuche durchzuführen und auf die Dislozierung nuklearer Waffen und ihrer Trägermittel zu verzichten. Sie forderten beide Länder auf, dem Nichtverbreitungsvertrag (NVV) sowie dem Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen ohne jede Vorbedingung beizutreten und in Verhandlungen für einen weltweit geltenden Vertrag über das Verbot der Herstellung von Spaltmaterial für Nuklearwaffen einzutreten. Die Minister drängten Indien und Pakistan ferner, einen konstruktiven Dialog zur gegenseitigen Vertrauensbildung aufzunehmen und die bestehenden Spannungen zwischen beiden Ländern ohne Konfrontation zu beseitigen.
Die erfolgreiche Umsetzung des EAPR-Aktionsplans für 1998-2000, der die Bereiche der Zusammenarbeit im Rahmen des EAPR auflistet, ist auf gutem Wege. Die Möglichkeiten, die der EAPR für den Meinungs- und Informationsaustausch bietet, leisten einen entscheidenden Beitrag zu größerer Transparenz und Vertrauen unter den Mitgliedern. Im Mittelpunkt der Konsultationen stehen politische und sicherheitsbezogene Fragen, wie zum Beispiel die Lage in und um Bosnien und Herzegowina, die Lage im Kosovo, Konsultationen über SFOR-Folgekräfte sowie die Aussichten für Sicherheitszusammenarbeit auf regionaler Ebene, besonders in Südosteuropa und im Kaukasus. Die Minister brachten heute ihre ernste Sorge über die Lage im Kosovo zum Ausdruck und verurteilten die Zunahme der Gewalt dort. Sie forderten eine friedliche Lösung der Krise auf dem Wege des Dialogs zwischen den Behörden in Belgrad und der kosovo-albanischen Führung. Sie sagten ihre Unterstützung für Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der NATO, zu, um dabei zu helfen, eine solche Lösung herbeizuführen und die Lage in der Region zu stabilisieren.
Konsultationen im EAPR fanden ebenfalls zu Fragen des internationalen Terrorismus, zu verteidigungsbezogenen Umweltfragen und der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen statt. Praktische Kooperationsaktivitäten auf verschiedenen Feldern sind verstärkt worden. Einzelne betroffene EAPR-Länder unterrichteten den EAPR über verschiedene regionale Kooperationsinitiativen. Auf dem heutigen Treffen begrüßten die Minister insbesondere die Entscheidung, als Teil der erweiterten praktischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Katastrophenhilfe in Brüssel ein euro-atlantisches Katastrophenansprech- und -koordinierungszentrum einzurichten. Dieses Zentrum wird in der nächsten Woche eröffnet.
Bedeutende Fortschritte in der Umsetzung des Programms für die erweiterte Partnerschaft für den Frieden, das ebenfalls von den Ministern auf ihrem Treffen in Sintra als charakteristisches Element im Rahmen des EAPR auf den Weg gebracht wurde, werden weiter in allen Bereichen erzielt. Konsultationen über die Entwicklung eines politisch-militärischen Rahmens für NATO-geführte PfP-Operationen werden einen der Eckpfeiler der erweiterten Partnerschaft bilden. Im Gesamtkontext der Allianz wird dieser Rahmen die Beteiligung von Partnern an der Planung von PfP-Operationen und der Erstellung politischer Richtlinien für und die Aufsicht über NATO-geführte PfP-Operationen bieten.
Partner und Mitglieder der Allianz arbeiten verstärkt zusammen, um PfP-Programme und Grundsatzfragen zu gestalten, besonders durch die Entwicklung des Partnerschaftsarbeitsprogramms, die Entwicklung neuer Initiativen durch hochrangige Ausschüsse der NATO und die Mitarbeit bei der Weiterentwicklung des Planungs- und Überprüfungsprozesses (PARP). Der PARP-Prozeß selbst wird erweitert und angepaßt und nach dem Muster des Streitkräfteplanungsprozesses der NATO gestaltet. Militärische Konsultationen mit Partnern im Militärausschuß finden regelmäßig statt und sind inzwischen wichtiger Bestandteil des Programms für die militärische Zusammenarbeit, die ein zentrales Merkmal der erweiterten PfP ist.
Acht Partnerschaftsstabselemente, mit 38 Offizieren aus 13 Partnerländern, sind in den militärischen Hauptquartieren für Offiziere der Partner eingerichtet worden, die hier in internationalen Verwendungen ihren Dienst versehen und Seite an Seite mit Offizieren der NATO PfP-Aktivitäten planen und in die Praxis umsetzen. Sieben Partneroffziere aus fünf Partnerländern sind in den Stab der Partnerschaftskoordinierungszelle integriert worden, davon ein Offizier als Unterabteilungsleiter. Die ersten Partnerschaftsprojekte, die sich auf das NATO-Sicherheitsinvestitionsprogramm abstützen, sind gebilligt worden, und verschiedene weitere Partnerprojektvorschläge werden zur Zeit geprüft.
Der EAPR und die erweiterte Partnerschaft für den Frieden dienen weiterhin als Beitrag zur europäischen Sicherheit und als Rahmen für politische Konsultationen und praktische Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern der NATO und allen Partnern. Für diejenigen Partner, die die NATO-Mitgliedschaft anstreben, wird ihre aktive Beteiligung im EAPR und in der erweiterten Partnerschaft für den Frieden eine wichtige Rolle spielen.
Die Minister sehen der weiteren Vertiefung der Beziehungen durch den EAPR und die erweiterte Partnerschaft für den Frieden erwartungsvoll entgegen. Das Ergebnis wird eine operativere Partnerschaft sein sowie ein stärkeres Konsultationsforum, das den Mitgliedern der NATO und den Partnern die größere Fähigkeit bietet, die neuen Sicherheitsherausforderungen zu gestalten und ihnen zu begegnen. Durch den EAPR und die erweiterte Partnerschaft für den Frieden engagieren sich alle Mitglieder gemeinsam, einen wertvollen praktischen Beitrag zur Festigung von Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen Raum zu leisten.
Das nächste Treffen des EAPR auf Ebene der Außenminister findet im Dezember 1998 in Brüssel statt.
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