NATO
Kommuniqué

Luxemburg
28. Mai 1998


Nichtamtliche Übersetzung

Kommuniqué

Ministertreffen des Nordatlantikrates am 28. Mai 1998 in Luxemburg

  1. Auf ihrem Gipfeltreffen in Madrid im Juli 1997 trafen unsere Staats- und Regierungschefs wichtige Entscheidungen zur Gestaltung der neuen NATO, um sie für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu wappnen. Im Dezember haben wir die Umsetzung dieser Entscheidungen weiter vorangebracht. Heute haben wir auf unserem Treffen in Luxemburg mit Zufriedenheit weiteren Fortschritt festgestellt und Weisung für die weitere Arbeit zur Vorbereitung des nächsten Gipfeltreffens in Washington im April 1999 erteilt.

  2. Wir haben heute Erklärungen zu Bosnien und Herzegowina und Kosovo abgegeben. Wir achten ebenfalls sorgfältig darauf, daß die freie und faire Durchführung der bevorstehenden Wahlen in Montenegro durch nichts behindert wird.

  3. Wir freuen uns darauf, die drei eingeladenen Länder - die Tschechische Republik, Ungarn und Polen - zum Washingtoner Gipfel im April 1999 als Mitglieder der Allianz zu begrüßen. Wir freuen uns über den Fortschritt im Ratifizierungsprozeß. Wir haben einen mündlichen Bericht über die Schritte entgegengenommen, die ergriffen worden sind, um die drei eingeladenen Länder enger an die Strukturen und Verfahren der Allianz heranzuführen, um sie darauf vorzubereiten, die Verantwortungen und Pflichten der Mitgliedschaft zu übernehmen.

    Wir bekräftigen, daß die Tür zur NATO-Mitgliedschaft nach Artikel 10 des Nordatlantikvertrags und nach Maßgabe von Absatz 8 der Madrider Gipfelerklärung weiter offenbleibt. Wir werden unsere intensivierten Dialoge aktiv mit denjenigen Nationen fortführen, die die NATO-Mitgliedschaft anstreben oder sonst den Wunsch hegen, einen Dialog über Fragen der Mitgliedschaft zu führen. Wir haben einen Bericht über die Durchführung dieser Dialoge seit unserem letzten Treffen entgegengenommen. Gemäß der Weisung unserer Staats- und Regierungschefs auf dem Madrider Gipfeltreffen werden wir diesen Prozeß weiterhin ständig überprüfen. Wir erteilen dem Ständigen NATO-Rat den Auftrag, uns auf unserem nächsten Treffen über den Fortschritt in den intensivierten Dialogen zu berichten.

  4. Das morgige Treffen des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats (EAPR) bietet die Gelegenheit, den ersten Jahrestag des EAPR feierlich zu begehen. Wir haben heute einen umfassenden Fortschrittsbericht über die Umsetzung des Grundlagendokuments des EAPR und die erweiterte Partnerschaft für den Frieden (PfP) entgegengenommen.

    Wir stellen mit Zufriedenheit den bedeutenden Fortschritt fest, der durch den EAPR seit seiner Gründung in Sintra im letzten Jahr erzielt worden ist, um seine Zweckbestimmung als Rahmen für eine erweiterte politische Dimension der Partnerschaft sowie erweiterte praktische Zusammenarbeit durch die substantielle Stärkung der PfP zu erfüllen. Wir messen unseren Konsultationen mit Partnern im EAPR über regionale Fragen Bedeutung bei, besonders über Bosnien und Herzegowina, Albanien und Kosovo.

    Wir freuen uns über unsere erweiterte praktische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Katastrophenhilfe, besonders über die Einrichtung eines Euro-Atlantischen Katastrophenansprech- und koordinierungszentrums nach einem Vorschlag durch die Russische Föderation.

  5. Die erweiterte Partnerschaft für den Frieden schafft weiter neue Muster praktischer Zusammenarbeit mit Partnern über ein weites Spektrum sicherheitsrelevanter Fragen. Wir freuen uns über den Fortschritt in der praktischen Umsetzung, insbesondere über die zunehmende Einbeziehung von Partnern in die Gestaltung von PfP-Programmen und Grundsatzfragen. Wir wollen Partner in die Entwicklung von Vorschlägen zur Förderung regionaler Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Allianz und PfP-Partnern sowie zur Entwicklung eines politisch-militärischen Rahmens für NATO-geführte PfP-Operationen einbeziehen.

    Wir erteilen dem Ständigen NATO-Rat den Auftrag, im Zusammenwirken mit Partnern die Umsetzung der auf unserem Treffen in Sintra im Mai 1997 gefällten Entscheidungen weiter voranzubringen und uns auf unserem nächsten Treffen darüber zu berichten.

  6. Wir begrüßen den sich entwickelnden Prozeß der Konsultation und praktischen Zusammenarbeit mit Rußland auf der Grundlage des Arbeitsprogramms, das auf dem Treffen des Ständigen Gemeinsamen Rats auf Ministerebene im Dezember 1997 vereinbart wurde. Seitdem führen wir regelmäßige Konsultationen über die Lage in Bosnien und Herzegowina und sind in einen Gedankenaustausch über ein breites Spektrum sicherheits- und verteidigungsbezogener Fragen eingetreten.

    Wir freuen uns über die Einrichtung einer Mission der Russischen Föderation bei der NATO, in Übereinstimmung mit der Brüsseler Vereinbarung, wie in der Grundakte NATO-Rußland vorgesehen. Unsere militärische Zusammenarbeit ist durch die Präsenz eines ranghohen militärischen Vertreters der Russischen Föderation gestärkt worden. Es ist unser Ziel, mit Rußland darauf hinzuarbeiten, die baldige Öffnung einer militärischen Verbindungsmission der NATO in Moskau zu verwirklichen, möglichst bis zum Ende dieses Jahres. Wir begrüßen auch den Fortschritt, den Rußland in der Erarbeitung seines individuellen Partnerschaftsprogramms erzielt hat, das auf der erfolgreichen militärischen Zusammenarbeit zwischen der NATO und Rußland im Rahmen der SFOR-Operation in Bosnien und Herzegowina aufbaut.

    Wir begrüßen die offizielle Öffnung des NATO-Dokumentationszentrums in Moskau im Februar und wollen die Informationsaktivitäten des Zentrums weiter ausbauen. Wir wollen noch heute eine Vereinbarung mit Rußland über Wissenschaftliche und Technische Zusammenarbeit unterzeichnen.

    Gemeinsam mit Rußland wollen wir darauf hinarbeiten, das Potential der Grundakte NATO-Rußland voll zu nutzen und ermutigen Rußland, eine aktive Rolle im EAPR und der erweiterten Partnerschaft für den Frieden zu spielen.

  7. Wir freuen uns über den Fortschritt, der unter der Ägide der NATO-Ukraine-Charta in der Umsetzung des Arbeitsplans NATO-Ukraine für 1998 sowie des individuellen Partnerschaftsprogramms der Ukraine im Rahmen der erweiterten Partnerschaft für den Frieden erzielt worden ist. Zur weiteren Gestaltung unserer ausgeprägten Partnerschaft mit der Ukraine werden wir im Laufe des Jahres einen Verbindungsoffizier der NATO nach Kiew entsenden, um der Ukraine dabei zu helfen, ihre Rolle in der Partnerschaft für den Frieden zu erweitern. Wir begrüßen die Einsetzung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für Verteidigungsreform, die eine entscheidende Rolle spielen wird, um die Interoperabilitätsziele der Ukraine zu verwirklichen. Wir nehmen die Anstrengungen zur Kenntnis, einen nach Prioritäten gestaffelten Ansatz für die Kooperationsaktivitäten NATO-Ukraine zu entwickeln und wollen die im Arbeitsplan vorgesehenen Aktivitäten umsetzen. Wir werden durch das NATO-Informations- und Dokumentationszentrum in Kiew eine aktive Informationstätigkeit in der Ukraine weiter unterstützen.

  8. Wir bekräftigen unsere feste Überzeugung, daß die Sicherheit in Europa eng mit der Sicherheit und Stabilität im Mittelmeer verknüpft ist. Wir widmen unserem Mittelmeerdialog große Aufmerksamkeit, der Teil des übergreifenden Kooperationsansatzes der Allianz in der Frage der Sicherheit ist und andere internationale Anstrengungen verstärkt und ergänzt. Wir begrüßen und fördern das Interesse, das die am Mittelmeerdialog beteiligten Länder an politischen Konsultationen und praktischer Zusammenarbeit mit unserer Allianz haben und stellen fest, daß Treffen im Format 16+1 dem Dialog ein stärkeres politisches Profil verliehen haben. Wir haben beschlossen, NATO-Kontaktbotschaften in Ländern zu benennen, die am Mittelmeerdialog teilnehmen, um unsere Beziehungen zu ihnen zu stärken. Wir begrüßen die schrittweise Entwicklung der verschiedenen Dimensionen des Dialogs und ermutigen die Dialogpartner, alle seine Möglichkeiten voll zu nutzen, einschließlich der militärischen Dimension.

  9. Wir messen einem baldigen und erfolgreichen Abschluß des internen Anpassungsprozesses der Allianz große Wichtigkeit bei. Die grundlegenden Ziele dieser Anpassung bestehen darin, die militärische Leistungsfähigkeit der Allianz für das volle Spektrum ihrer Aufgaben auf der Grundlage ihrer essentiellen Fähigkeiten zur kollektiven Verteidigung und ihre Fähigkeit zur Reaktion auf ein breites Spektrum von Eventualfällen zu erhalten, die transatlantische Bindung zu wahren und die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität in der Allianz zu entwickeln. Wir haben einen umfassenden Bericht über den Fortschritt seit unserem letzten Treffen entgegengenommen. Fortschritt wurde in der Umsetzung des Konzepts Alliierter Streitkräftekommandos (CJTF) und in der Vorbereitungen zur Umsetzung der neuen Kommandostruktur erzielt. Es ist unser Ziel, diese Vorbereitungen bis zum Gipfeltreffen in Washington im April 1999 zum Abschluß zu bringen. Gute Fortschritte wurden zur Integration Spaniens in die militärischen Strukturen der Allianz erzielt.

    Die Arbeit zur Gestaltung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität in der Allianz, auf der Grundlage des Prinzips trennbarer, jedoch nicht getrennter Fähigkeiten, ist auf gutem Wege. Regelmäßige Treffen des NATO-Rats und des WEU-Rats in gemeinsamer Sitzung sowie Treffen nachgeordneter Gremien und die enge Konsultation über die Planung und Durchführung WEU-geführter Operationen und Übungen unter Nutzung von NATO-Kräften und -Fähigkeiten sind wichtige Elemente zur Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität in der Allianz. Auf der Grundlage eines Programms, das gemeinsam zwischen der NATO und der WEU vereinbart worden ist, sind Vorbereitungen für einen Workshop und ein Seminar angelaufen, die zu einer gemeinsamen Krisenmanagementübung im Jahre 2000 führen werden.

    Wir begrüßen den Fortschritt zur Erarbeitung von Vorkehrungen für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität, einschließlich Beobachtung, Rückführung oder Rückruf von NATO-Kräften und -Fähigkeiten, und konzentrieren uns dabei zur Zeit auf einen Rahmen für eine Vereinbarung zwischen der NATO und der WEU. Wir erteilen dem Ständigen NATO-Rat den Auftrag sicherzustellen, daß die entscheidenden Elemente der Arbeit zur Umsetzung der Entscheidungen von Berlin und Brüssel in bezug auf ESVI so wie in dem uns vorgelegten Bericht über die interne Anpassung dargelegt, bis zum Washingtoner Gipfel im April 1999 feststehen.

  10. Wir begrüßen die ständige Stärkung der Kooperationsbeziehungen zwischen der NATO und der WEU. Wir begrüßen auch die Entscheidungen des WEU-Ministerrats in Rhodos, die Beziehungen zur Allianz zu verstärken, unter anderem auch durch die weitere Entwicklung regelmäßiger Kontakte zwischen den beiden Organisationen auf allen Ebenen.

  11. Auf ihrem Gipfeltreffen in Madrid erteilten die Staats- und Regierungschefs den Auftrag zu einer Überprüfung und, wo erforderlich, Aktualisierung des Strategischen Konzepts aus dem Jahre 1991. Diese Arbeit ist auf gutem Wege. Wir haben die Themen erörtert, die in dem aktualisierten Strategischen Konzept zum Ausdruck kommen sollen und erwarten auf unserem nächsten Treffen im Dezember einen Fortschrittsbericht, mit Blick auf die Billigung des aktualisierten Konzepts auf dem nächsten Gipfeltreffen im April 1999.

  12. Wir unterstützen weiterhin die Anstrengungen der OSZE, der umfassendsten europaweiten Sicherheitsorganisation, zur Entwicklung eines Charta-Dokuments über Europäische Sicherheit. Wir sind zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit der OSZE bereit, die eine essentielle Rolle zur Gewährleistung von Frieden, Stabilität und Sicherheit in Europa spielt.

  13. Wir treten weiter für eine erfolgreiche Anpassung des KSE-Vertrags zur Zufriedenheit aller Vertragsstaaten ein, auf der Grundlage der Zielvorgaben des Dokuments über "Umfang und Parameter" sowie des Beschlusses über "Grundelemente". Wir wollen die Schlüsselrolle des Vertragswerks für Sicherheit und Stabilität in Europa stärken. Die Mitglieder der Allianz haben während der laufenden Verhandlungen in der Gemeinsamen Beratungsgruppe in Wien mehrere Vorschläge unterbreitet, zuletzt zum Flankenregime, und werden weiterhin neue Ideen vorschlagen, um die Verhandlungen voranzubringen. Wir werden so zügig wie möglich auf den Abschluß der Anpassungsverhandlungen hinarbeiten, wie in dem am 1. Dezember 1996 in Lissabon vereinbarten Zeitplan vorgesehen; wir fordern alle KSE-Vertragsstaaten auf, sich aktiv zur Verwirklichung dieses Zieles zu engagieren. Bis zum Abschluß des Anpassungsprozesses wird die uneingeschränkte Implementierung des bestehenden Vertrags von entscheidender Bedeutung bleiben.

  14. Wir verleihen erneut unserer großen Besorgnis über die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel Ausdruck. In diesem Zusammenhang betonen wir noch einmal, daß das Hauptziel der Allianz darin besteht, die Proliferation von vornherein zu verhindern oder - sofern sie dennoch stattfindet - sie durch diplomatische Mittel rückgängig zu machen, und wir begrüßen die Anstrengungen der Allianz, um sicherzustellen, daß sie darauf vorbereitet ist, diesen Bedrohungen entgegenzutreten. Wir unterstreichen die Gefährdung der internationalen und regionalen Stabilität, die von der Weitergabe dieser Waffen ausgeht.

    Angesichts der jüngsten Nuklearversuche Indiens, die die Allianz in ihrer Erklärung vom 20. Mai 1998 verurteilt hat, fordern wir alle Länder mit Nachdruck auf, dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und dem Vertrag über das Verbot von Nuklearversuchen beizutreten und uneingeschränkt zu implementieren. Wir unterstützen den baldigen Abschluß eines Vertrags über das Verbot der Proliferation von Spaltmaterial für Waffenzwecke und andere Sprengkörper.

    Wir sind entschlossen bis zum Jahresende Fortschritte für ein wirksames Verifikationssystem zu erzielen, um die Implementierung des Übereinkommens über das Verbot von Biologischen Waffen und Toxinwaffen zu stärken, und wir unterstreichen noch einmal die Wichtigkeit der weltweiten Achtung des Übereinkommens über das Verbot von Chemischen Waffen.

  15. Wir appellieren an Rußland, den START-II-Vertrag zu ratifizieren und an Rußland, die Ukraine und Weißrußland, den Vertrag über den Offenen Himmel zu ratifizieren.

  16. Wir nehmen zur Kenntnis, daß die Arbeit zur Beurteilung der Auswirkung auf die NATO des Übereinkommens über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und deren Vernichtung angelaufen ist und erwarten einen baldigen Bericht über diese Arbeit.

  17. Wir wiederholen, daß wir den Terrorismus in all seinen Formen verurteilen. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, dieses Übel zu bekämpfen und sind überzeugt, daß enges internationales Zusammenwirken ein essentielles Mittel ist, um es auszumerzen.

  18. Wir nehmen mit Zufriedenheit die Schritte zur Kenntnis, die eingeleitet worden sind, um den Haushaltsprozeß transparenter zu gestalten und dem NATO-Rat einen weitergefaßten und strategischeren Überblick über die gemeinsam finanzierten Ausgaben der NATO zu verschaffen.

  19. Wir sprechen der Regierung Luxemburgs unseren tiefen Dank für die Ausrichtung dieses Treffens aus.


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