NATO
Kommuniqué

Luxemburg
28. Mai 1998


Nichtamtliche Übersetzung

Erklärung zum Kosovo

anläßlich des Ministertreffens des Nordatlantikrats am 28.05.1998 in Luxemburg

  1. Wir sind tief besorgt über die Lage im Kosovo. Wir mißbilligen die fortdauernde Anwendung von Gewalt, um politischen Dissens zu unterdrücken oder politische Veränderung herbeizuführen. Die Gewalt und die damit verbundene Instabilität gefährden die Friedensvereinbarung für Bosnien und Herzegowina und sind eine Gefahr für Sicherheit und Stabilität in Albanien sowie der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (1). Es ist besonders besorgniserregend, daß das jüngste Wiederaufflammen von Gewalt mit Behinderungen einhergeht, die internationalen Beobachtern und humanitären Organisationen den Zugang zu den betroffenen Gebieten im Kosovo verwehrt.

  2. Es ist unsere feste Überzeugung, daß die Probleme im Kosovo am besten durch einen Prozeß des offenen Dialogs ohne Vorbedingungen zwischen den Behörden in Belgrad und der kosovo-albanischen Führung zu lösen sind. Der gegenwärtige Zustand ist unhaltbar. Wir unterstützen eine politische Lösung, die einen erweiterten Status für Kosovo vorsieht, die territoriale Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien wahrt und die Menschenrechte sowie bürgerlichen Rechte aller Bewohner des Kosovo sicherstellt, ungeachtet ihrer ethnischen Abstammung.

    Präsident Milosoviç trägt eine besondere Verantwortung, um sicherzustellen, daß Schritte zur Verwirklichung einer politischen Lösung im Kosovo ergriffen werden. Die kosovo-albanische Führung, vertreten durch Dr. Rugova, muß ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen, um eine politische Lösung herbeizuführen. Wir drängen daher beide Seiten sicherzustellen, daß der jetzt begonnene Dialog schnell zur Annahme konkreter Maßnahmen führt, um die Spannungen abzubauen, der Ausweitung von Gewalt Einhalt zu gebieten und den Weg für eine friedliche Lösung der Krise zu öffnen. Der Dialogprozeß sollte die Anliegen aller Gruppen im Kosovo berücksichtigen. Wir begrüßen dazu alle Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft.

  3. Wir unterstützen nachdrücklich die Fortdauer einer internationalen Militärpräsenz in der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien nach Ablauf des bestehenden UNPREDEP-Mandats. Wir unterstützen die Fortsetzung des UNPREDEP-Mandats, das in bedeutendem Maße zur Stabilität in der Region beigetragen hat.

  4. Wir verfolgen in bezug auf die Lage im Kosovo zwei Hauptziele:

    • die Unterstützung zur Verwirklichung einer friedlichen Lösung der Krise durch einen Beitrag zur Reaktion der internationalen Gemeinschaft; und

    • die Förderung von Stabilität und Sicherheit in den benachbarten Ländern, in erster Linie in Albanien und der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien.

  5. Wir haben beschlossen, PfP-Aktivitäten in Albanien sowie der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien zu erweitern und zu ergänzen, um Sicherheit und Stabilität in diesen Partnerländern zu fördern und gleichzeitig das Interesse der NATO an der Eindämmung der Krise und der Suche nach einer friedlichen Lösung zu signalisieren:

    • Wir setzen von der NATO geleitete Unterstützungsprogramme in Gang, um Albanien und der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien zu helfen, ihre Grenzen zu sichern, und zwar auf der Grundlage erweiterter PfP-Aktivitäten und bilateraler Unterstützung.

    • Wir erweitern eine PfP-Übung in der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien, die für September in diesem Land geplant ist.

    • Wir planen für Ende August eine PfP-Übung in Albanien mit Land- und Luftstreitkräften.

    • Wir richten eine NATO/PfP-Zelle in Tirana ein, die eine unmittelbare Rolle in der Umsetzung des individuellen Partnerschaftsprogramms Albaniens spielen wird und im Zusammenwirken mit anderen von uns eingeleiteten Maßnahmen dabei helfen wird, die Grenzsicherungsfähigkeit der Streitkräfte Albaniens zu verbessern.

    • Wir erarbeiten ein Konzept für die Einrichtung von PfP-Ausbildungszentren einschließlich der möglichen zukünftigen Nutzung des Truppenübungsplatzes Krivolack in der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien.

    • Wir autorisieren den Besuch des Ständigen Flottenverbands Mittelmeer der NATO (STANAVFORMED) im Hafen Durres Anfang Juli.

    • Wir werden Vorbereitungen treffen, um UNHCR im Falle einer humanitären Krise zu unterstützen.

  6. Um Optionen für mögliche spätere Entscheidungen zur Verfügung zu haben und um unsere Bereitschaft zu bekräftigen, falls erforderlich weitere Schritte zu ergreifen, haben wir darüber hinaus militärischen Rat zur Unterstützung der VN und der OSZE bei Überwachungsaufgaben und zur präventiven Verlegung von NATO-Kräften nach Albanien und in die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien auf der entsprechenden rechtlichen Grundlage in Auftrag gegeben, um bei der friedlichen Lösung der Krise zu helfen und die Sicherheit und Stabilität in der Region zu festigen.

  7. Wir werden die Situation in und um Kosovo weiterhin genau beobachten und beauftragen den Ständigen NATO-Rat, die politischen, rechtlichen und - falls erforderlich - militärischen Implikationen möglicher weiterer Abschreckungsmaßnahmen zu prüfen, falls die Lage dies erfordert.

  8. Wir stehen in engen Konsultationen mit den Regierungen Albaniens und der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien in bezug auf die Maßnahmen, die ihre Länder betreffen. Wir haben unsere Partner vor diesem Treffen über die Entwicklung der NATO-Überlegungen unterrichtet. Mit Rußland haben wir Konsultationen in einem Sondertreffen des Ständigen NATO-Rußland-Rats geführt. Wir werden die Treffen des Ständigen Gemeinsamen NATO-Rußland-Rats, der NATO-Ukraine-Kommission und des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats sowohl hier in Luxemburg als auch in Zukunft nutzen, um das Zusammenwirken Rußlands, der Ukraine und unserer anderen Partner mit unseren Anstrengungen zur Verwirklichung einer friedlichen Lösung der Krise im Kosovo herbeizuführen. Wir haben den Generalsekretär gebeten, den VN-Generalsekretär, den amtierenden Vorsitzenden der OSZE, den Generalsekretär der WEU und andere betroffene internationale Organisationen zu unterrichten, um die Abstimmung der Aktivitäten der verschiedenen internationalen Organisationen vorzuschlagen, die in Albanien und der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien engagiert sind.

  9. Wir fordern Präsident Milosoviç auf, der Wiederzulassung der OSZE-Langzeitmission zuzustimmen und die Mission von Herrn Felipe González, dem persönlichen Vertreter des amtierenden Vorsitzenden der OSZE und EU-Sonderbeauftragten, zu akzeptieren.

  10. Wir sind entschlossen, durch die laufenden Aktivitäten der Allianz über die Partnerschaft für den Frieden und durch die zusätzlich von uns heute beschlossenen Maßnahmen zu den internationalen Anstrengungen beizutragen, die Krise im Kosovo zu lösen sowie regionale Sicherheit und Stabilität zu fördern.

Footnotes:
  1. Die Türkei erkennt die Republik Mazedonien mit ihrem verfassungmäßigen Namen an.


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